Mittwoch, 29. Juni 2011

Getroffene Hunde...

Wir in Brandenburg haben zurzeit ja wieder einmal eine große Diskussion um die Stasi. Es wird geguckt und geforscht, man zankt sich, soll man noch einmal überprüfen oder nicht, und falls ja, dann alle oder nur ein paar, und wenn was Neues rauskommt, was dann... Immerhin ist vom Landtag eine Enquete-Kommission eingerichtet worden, die die Vorgänge vor 20 Jahren bewerten und Vorschläge zur Aufarbeitung machen soll. Besagte Kommission hat dann Gutachter beauftragt, bestimmte Bereiche des gesellschaftlichen Lebens zu untersuchen und aufzuschlüsseln, wie damals der Umgang mit ehemaligen Stasi-Mitarbeitern erfolgte.

Ein Gutachten lag schon vor; es ging um Politiker, und es verursachte einigen Wirbel, weil Experten der Kommission diesen anderen Experten unwissenschaftliches Arbeiten vorwarf und weil die Gutachter im Prinzip bereits bekannte Fakten wiederholten und zu Schlüssen kamen, die aber keinen wirklich neuen Stand bedeuteten, sondern nur Diskussionen von vor 15 und zehn und so weiter Jahren neu aufwarfen. Aber heute...

Heute musste ich schallend lachen. Es gibt mittlerweile noch ein Gutachten, und das beschäftigt sich mit der Brandenburger Medienlandschaft. Also wie gingen Brandenburger Medien mit Journalisten aus der DDR-Zeit um, wie mit deren eventueller Stasi-Verquickung und so weiter. Es liegt in der Natur der Sache - 1990 gab es im Osten halt eben nur die Ostler mit ihrer Ostvergangenheit - dass da auch einiges zu Tage kam, und die Märkische Allgemeine Zeitung, die den größten Teil Westbrandenburgs abdeckt, wird dort eben auch kritisiert. Hätte mich ehrlich gewundert, wenn's anders gewesen wäre, und ist auch nichts Schlimmes: Warum sollten die Medien anders gewesen sein als jeder andere Bereich des Lebens in der DDR? Ist also für mich weder was Weltbewegendes noch Skandalöses.

Das sieht der Chefredakteur der Märkischen offenbar anders, der in der heutigen Ausgabe auf zwei (!) Seiten mit dem Gutachten abrechnet. Und schon beim Lesen der ersten Spalte fällt mir das alte Sprichwort ein "Getroffene Hunde bellen". Zunächst einmal bemängelt der Herr nämlich, dass im Gutachten nur die regionalen und lokalen Tageszeitungen, Radio- und Fernsehsender berücksichtigt worden, nicht aber die Berliner Tageszeitungen, die Boulevardblätter, die privaten Sender und die Anzeigenzeitungen. Kann man bemängeln, sicherlich, und man hätte die auch untersuchen können. Aber andererseits: Wenn es um die Aufarbeitung der Brandenburger Medienlandschaft zur Wendezeit geht, warum dann die untersuchen, die zu der Zeit dort noch gar nicht existierten bzw. in Berlin saßen und sitzen?

Aber dann wurde es peinlich: Der Chefredakteur bezweifelt die Kompetenz der Verfasserin des Gutachtens, und zwar aus folgenden drei Gründen: Erstens ist sie jung, zweitens basiere ihr Gutachten nicht auf fehlerfreien Belegen, sondern aus unbelegten Äußerungen Anderer, und drittens habe sie in seiner Zeitung mal als Volontärin gearbeitet und wäre nicht übernommen worden. Also kurz gesagt: das Gutachten basiert auf jugendlichem Unwissen und Rachsucht. Und das ist natürlich ein toller Ansatz für einen Umgang mit dem Gutachten im eigenen Haus...

Ganz ehrlich gesagt: Diese Episode bestärkt eine Meinung, die ich von Medien ganz allgemein habe. Sie können wunderbar austeilen, aber wenn es ums Einstecken geht, versagen sie...

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