Dienstag, 13. September 2011

Von Dummerjans und Dummerjanas

Gestern Abend, Sitzung des Kreistages. Es geht um einige Formalien, wie Änderungen von Gesellschafterverträgen aufgrund von Gesetzesänderungen. Business as usual also. Dann allerdings eine Bitte einer Abgeordneten (einer Doktorin, also studiert...): Man möge doch bitte in Zukunft bei solchen Verträgen die politisch korrekte Form wählen, also die männliche und weibliche Form verwenden.

Ich bin - das muss ich hier extra betonen - kein Gegner der Gleichberechtigung, im Gegenteil. Aber wenn ich so etwas höre, und das tue ich leider zu oft, dann bekomme ich das kalte Grausen und Magenkrämpfe. Erstens: Es ist eine Vergewaltigung der deutschen Sprache. Zweitens: Es ist diskriminierend - und zwar den Männern gegenüber. Und drittens: Es ist sprachwissenschaftlich nicht nur Quatsch, sondern schlicht und simpel falsch! Leider ist diese Dummheit nicht totzukriegen.

Wer immer die Forderung aufstellt, in solchen Fällen die männliche und weibliche Form zu wählen, verwechselt etwas bzw. kennt vermutlich den Unterschied nicht, und zwar den zwischen Genus und Sexus. Das erste ist das Geschlecht des Wortes, und das zweite das Geschlecht des damit bezeichneten Gegenstandes oder Lebewesens. Leider, und den Fehler machen sogar Studierte, wird das immer wieder
vermischt, und leider immer nur dann, wenn es der persönlichen Befindlichkeit passt. Das lässt sich an ein paar Beispielen sehr gut zeigen: "Die Drohne" ist zweifellos männlich - auch wenn der Artikel "die" etwas anderes implizieren könnte - und das stellt ja auch niemand in Frage. Oder auch "der Ofen" - ein Ofen ist ungeschlechtlich, nur das Wort im grammatikalischen Sinne männlich. Perfektes Beispiel ist auch das Wort "Geschwister", das in der Einzahl den Artikel "das" verpasst bekam. Grammatikalisch ist es ein Neutrum (wegen dem "das"), vom Wortstamm her weiblich (es stammt von "Schwester") und in der Bedeutung übergeschlechtlich (beide (!) Geschlechter sind gemeint). Und niemand würde hier auf den Gedanken kommen, von "Geschwistern und Gebrüdern" oder gar "Geschwistern und Geschwisterinnen" zu sprechen! Warum dann aber woanders?

Diese Feministen unterstellen, dass die Bezeichnungen von Menschengruppen, die beide Geschlechter umfasst, in Wahrheit nur die Männer bezeichnen. Die Arbeiter - alles Männer. Die Studenten - alles Männer. Die Lehrer - alles Männer. Warum? Weil die Arbeiterinnen, die Studentinnen und die Lehrerinnen nicht extra erwähnt werden. Dabei unterliegen diese Wortpanscher wieder einem Irrtum: Beide Geschlechter sind gemeint, und das kann man recht einfach beweisen. Wir alle sind Menschen, und unbestreitbar umfasst der Begriff Mensch Männer und Frauen. Wenn wir nun Menschen, die arbeiten, nehmen, sind das wieder Männer und Frauen, die arbeiten, oder? Menschen, die arbeiten, nennt man Arbeiter, und also auch wieder beide Geschlechter! Wenn man nun aber die Arbeiter in Arbeiterinnen und Arbeiter trennt, dann wird damit nicht nur erstens dem Geschlecht des jeweiligen Akteurs eine höhere Bedeutung beigemessen als dem, worum es wirklich geht, nein, es bringt den Sexismus erst noch richtig in die Sprache hinein! Wenn man nämlich Arbeiter sagt und dann noch die Arbeiterinnen extra betont - wo bleiben dann die Männer? (Ein Scherzbold meinte einmal, Studenten lassen sich in Studentinnen und Studerpel teilen...)

Ganz abgesehen davon bringt diese Unart noch ein weiteres Problem vor allem in die Schriftsprache. Es ist eine uralte Regel, dass man so schreiben soll, wie man auch spricht. Wenn man nun immer von "Arbeitern und Arbeiterinnen, Lehrern und Lehrerinnen, Studenten und Studentinnen" spricht und schreibt, macht es Texte immer geschwollener, länger und umständlicher. Beim Schreiben umgehen das einige "Kreative" dann mit Klammern wie "Arbeiter(innen)" oder dem berüchtigten "StudentInnen". Aber sprich das mal aus - es geht gar nicht!

Noch "Kreativere" umgehen das - und damit wird es erst wirklich schwachsinnig. Die eine Möglichkeit ist nämlich die Verwendung eines substantivierten Adjektives, also zum Beispiel die "Studierenden" oder die "Lehrenden". Mag funktionieren, erledigt sich aber spätestens dann, wenn man dieses substantivierte Adjektiv selber noch mit einem Partizip verbindet. Die "sterbenden Studierenden" ist einfach völlig falsch - niemand kann gleichzeitig sterben und studieren (ganz abgesehen davon, dass Extrem-Feministen dazu neigen, selbst dann Formulierungen wie "ein(e) Studierende(r)" verwenden). Zweite Möglichkeit: Man umgeht diese maskulinen und femininen Wörter völlig, was selbst Verfechter dessen anwenden, weil sogar sie merken, dass ihre Wortwahl mit ständigen Wiederholungen immer mühsamer wird. Damit wird Sprache aber erst recht unpersönlich und abstrakt. Der einfache Satz "Die Lehrer sollen wieder vermehrt mit den Schülern üben" kann man zum Beispiel auch so schreiben: "Aufgabe der Schule ist es, durch gezielte Wiederholungen die Kulturtechniken wieder vermehrt zu festigen." Alles klar?

Bedenken muss man auch, dass man sich mit diesem Blödsinn selbst die Möglichkeit verbaut, bestimmte Sachverhalte überhaupt logisch erklären zu können. Man denke nur mal über solche Sätze nach: "Frauen sind die besseren Autofahrer." Politisch korrekt müsste es heißen: "Frauen sind die besseren Autofahrerinnen." Aber das macht nicht wirklich Sinn, oder? Oder auch dieses: Angela Merkel ist vielleicht die erste Bundeskanzlerin, aber auch der achte Bundeskanzler! Speziell den zweiten Teil kann man nicht feministisch korrekt ausdrücken, weil es dann falsch wäre!

Und nicht zuletzt auch noch dies: Wer immer diese Männlein-Weiblein-Form vorzieht, wirft damit hunderte Jahre deutsche Kulturgeschichte weg! Niemand, wirklich niemand, würde auch nur ansatzweise darüber nachdenken, Goethe oder Heine oder Walther von der Vogelweide so umzuschreiben! Niemals wird in der Bibel statt "Liebe deinen Nächsten" in Zukunft "Liebe deinen Nächsten, deine Nächste und dein Nächstes" stehen (das letzte ist für die Kinder, die haben auch Recht auf Liebe).

In seiner Bilanz zu diesem Thema kommt der Schweizer Dr. Arthur Brühlmeier zu folgendem Ergebnis: "Man kann es drehen und wenden wie man will: Auf der Gewinnseite liegt lediglich die Genugtuung jener Männer und Frauen, denen die Doppelnennung menschlicher Funktionsträger ein Anliegen ist und die es offensichtlich verstanden haben, sich durchzusetzen. Die damit verbundene Komplizierung der Sprache und der Verlust an Sprachästhetik und logischen Ausdrucksmöglichkeiten schafft nicht eine einzige zusätzliche Information, dafür aber einen nicht geringen Ärger bei vielen Schreibern und Lesern." Man solle, fordert er weiter, den Irrtum endlich einsehen und sich aus dieser Sackgasse befreien.

Ich gehe noch weiter: Hört endlich mit dem falsch verstandenen Feminismus auf, sprecht und schreibt endlich wieder richtig und hört auf zu glauben, dass alle, die diesen Blödsinn nicht mitmachen, gegen die Gleichberechtigung sind. (Nebenbei gesagt: Ich habe noch NIEMALS eine Feministin erlebt, die Wert auf die Feststellung legt, dass es neben "Amokläufern" auch "Amokläuferinnen" gibt - allerdings gab es mal eine Feministin, die darauf bestand, sie habe eine Gruppe nichtfeministischer Frauen als "Arschlöcherinnen" bezeichnet und nicht als "Arschlöcher", nachzulesen im SPIEGEL).

Kurz gesagt: An alle Dummerjans und Dummerjanas - hört mit dieser Dummheit auf!

Wer Brühlmeiers kompletten Aufsatz, der noch länger, aber auch eindrucksvoller ist und aus dem ich viele Beispiele zitiert habe, lesen will, kann das hier tun.

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