Donnerstag, 19. April 2012

Schmarotzer on Tour

Vor ein paar Jahren, bei einem Umzug, da trennten wir uns auch von einigen alten Möbeln und solchen Sachen. Sie waren benutzt und gebraucht, sodass sie sicherlich niemand mehr gekauft hätte, aber andererseits auch nicht so verkommen, dass man sie wegwerfen musste. Also beschlossen wir, die Teile zu verschenken.

Wir haben in den Hausfluren in der Nachbarschaft Zettel ausgehängt. Wir haben Zettel mit unserer Telefonnummer an der Pinnwand im Supermarkt angepappt. Wir haben sogar eine Kleinanzeige in der Zeitung aufgegeben. Immer haben wir nur von kostenlos oder verschenken gesprochen. Die Reaktion war Null. Es wollte niemand zwar alte, aber noch gebrauchsfähige Möbel geschenkt bekommen. Also blieb uns nichts anderes übrig, als einen Termin mit der Sperrmüllabfuhr zu vereinbaren.

Als ich die Möbel am Abend vorher am Straßenrand zum Abholen aufstellte, hatte ich vielleicht zwei oder drei Teile schon draußen, als der erste Nachbar auftauchte, sehr interessiert einen Couchtisch betrachtete und ihn sich dann unter den Nagel riss. Kurz darauf tauchten die Transporter auf. Die kennt ihr sicherlich: Wenn irgendwo Sperrmüll am Straßenrand steht, öffnet sich sofort in der Nähe ein Wurmloch, und aus der Galaxis der Sperrmüllfresser tauchen ihre Nahrungsmittel-Sammler getarnt als Kleintransporter auf und suchen sich das Beste von den Sperrmüllhaufen aus. Oder so. Jedenfalls war ich bald von diesen Schmarotzern umgeben.

Und ich war stinksauer.

Geschenkt wollte unsere Sachen keiner, aber klauen - ja, da waren sie alle da! (PS: Rechtlich gesehen ist das wirklich Diebstahl.) Und die hatten nicht mal den Anstand, wenigstens zu warten, bis ich mit dem Stapeln fertig war. Nein, die standen einfach daneben, guckten zu, was ich hinstellte, und wenn ich mich umdrehte, schlenderten sie heran und wollten sich bedienen.

Aber ich kann auch fies sein. Den einen der Transporter-Aliens vergraulte ich, indem ich ihm die rechtlichen Konsequenzen seines Handelns erläuterte, den anderen, indem ich recht demonstrativ das Nummernschild seines Raumschiffs... also seines Transporters fotografierte. Einen der Nachbarn verschreckte ich, als ich ihn anbrüllte, wieso er klauen kommt, aber nichts geschenkt haben will - und dem Rest vermasselte ich die Tour, in dem ich dafür sorgte, dass nur noch kaputte Teile an der Straße standen (so ein Zufall aber auch...) Jedenfalls stand dann wirklich echter Sperrmüll am Straßenrand, und den wollten nicht mal mehr die Schmarotzer haben. So viel Sperrmüll haben die Müllfahrer wahrscheinlich noch nie auf einmal an einer Stelle abgeholt.

An die Geschichte musste ich denken, als ich heute morgen zur Arbeit fuhr und dabei sah, dass der aus vielen alten Möbeln, Fernsehern, Waschmaschinen und so weiter  bestehende Sperrmüllhaufen, den ein Nachbar gestern Abend vor seinem Grundstück zur Abholung auftürmte, heute morgen nur noch aus einem zerbrochenen Küchen-Hängeschrank bestand.

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