Montag, 9. Juli 2012

Ernest Borgnine ist mit 95 Jahren gestorben

Ernest Borgnine (1917 - 2012)
Wenn ich heute so an das Fernsehen in meiner "Jugendzeit" denke und an die Serien, die ich damals so sah, dann fällt auch "Airwolf" ein. Ich kann mich nicht mehr an bestimmte einzelne Folgen oder Handlungen erinnern, aber drei Dinge fallen mir neben dem coolen Hubschrauber sofort ein. Zum einen Jan Michael Vincent, der immer wieder mal völlig unmotiviert und absolut deplatziert irgendwo in der Gegend saß und Cello spielte (was machte das denn für einen Sinn?). Dann jener CIA-Scherge mit dieser affektierten Augenklappe. Und schlussendlich Dominik Santini, der lustige, knuffige Pilot, der so überhaupt nicht nach Fliegerass aussah, aber eines war. Der letztere wurde von Ernest Borgnine dargestellt, der uns am 8. Juli für immer verließ.

Borgnine war in meinen Augen ein ganz besonderer Schauspieler. Er war der typische Nebendarsteller - seine Hauptrollen kann man vermutlich an einer Hand abzählen. Aber er hatte eine Präsenz, die ihresgleichen suchte. An ihn erinnerte man sich einfach, sicherlich auch seines Aussehens geschuldet, aber eben auch seines Könnens. Und wenn man genau darüber nachdenkt, dann wird man mir zustimmen: Ernest Borgnine konnte alles spielen!

Man muss schon Fan sein, um zu wissen, dass Borgnine auch einen Oscar gewonnen hat: 1955 für einen Film namens "Marty", eine waschechte Liebesgeschichte (sollte man nicht für möglich halten). Zwei Jahre zuvor hatte er bereits Furore als sadistischer Sergeant in "Verdammt in alle Ewigkeit" gemacht. In den USA ist er Kult mit seiner Rolle in der Fersehserie "McHales Navy", die man hierzulande aus der grottigen Neuverfilmung mit Tom Arnold kennt - hier kam er als Komödiant rüber. All das und noch viel mehr spielte er.

Ernest Borgnine mit einem blechernen Co-Star
Als Science-Fiction-Fan erinnert man sich natürlich auch an seine Rolle in "Das Schwarze Loch". Auch wenn der Film dafür eigentlich kaum geeignet war, zeigte er auch hier sein Talent: Als weltraumreisender Journalist, der anfangs etwas liebenswert-trottelig rüber kam und dann seine dunkle Seite zeigte (und dafür auch bestraft wurde). Dann fällt einem auch "Die Klapperschlange" ein, wo er den liebenswerten Taxi-Fahrer im Hochsicherheitsgefängnis New York darstellt - also auch einen Schwerverbrecher, was manchmal aufblitzt. Es waren typische Nebenrollen - aber immer zeigte er absolute Performance.

Dabei hatte Borgnine eine Einstellung zum Beruf, die so manchem Method Actor einen Herzinfarkt bescheren konnte. Borgnine lehnte es zum Beispiel ab, für seine Rollen Recherchen und Feldstudien anzustellen. Seine Meinung war, dass diese Recherche vom Drehbuchautor und vom Regisseur gemacht wurde: "Was du tun musst ist herauszufinden, was der Drehbuchautor geschrieben hat und es verinnerlichen. Das ist Schauspielern! Nicht losgehen und versuchen herauszufinden, was der Autor schon längst geschrieben hat." Vielleicht war das der Grund, warum Borgnine so vielseitig war: Das Vermögen, dem Regisseur immer das zu geben, was dieser wollte, ohne sich davon allzusehr einnehmen zu lassen.

"Euch Hippies zeige ich es..."
So konnte er den fiesen Sheriff in "Convoy" genauso gut darstellen wie den gewalttätigen und auf eine seltsame Weise auch liebenswerten Cowboy in "The Wild Bunch". Mit der gleichen Überzeugung brachte er auch Gastauftritte in Fernsehserien wie "Hör mal wer da hämmert" hinter sich. Mickey Rooney soll einmal gesagt haben: "Es gibt keine kleinen Rollen, es gibt nur kleine Schauspieler." Dem hielt Borgnine entgegen: "Das ist nicht wahr." Gemeint hat er damit wohl, dass jede Rolle wichtig ist und jeder Schauspieler die verdammte Pflicht und Schuldigkeit hat, jede dieser Rollen gut auszufüllen. Jedenfalls hat er das immer gemacht, auch wenn er einen etwas makabren Rekord hält: Er spielte in vier Filmen mit, die auf der Liste "Die 100 unterhaltsamsten schlechtesten Filme aller Zeiten" stehen. Mehr schaffte keiner. Aber immer gab er volle Leistung.

Ernest Borgnine ist Meerjungfraumann
Borgnine hält noch einen anderen Rekord. Mit 95 Jahren war er der älteste noch lebende männliche Oscar-Gewinner, der noch arbeitete. Eine seiner letzten Arbeiten war die Sprechrolle des "Meerjungfraumann" (englisch "Mermaidman") in der Zeichentrickserie "Spongebob Schwammkopf". Ich glaube, er hat den Gedanken genossen, auch mit 95 Jahren noch vielen Kindern und jungen Leuten Freude und Spaß zu bereiten. Ich wiederum finde es bemerkenswert, dass er mit dieser Arbeit Eindruck bei Menschen machte, die ansonsten keine Ahnung haben, wer Ernest Borgnine war und was er sonst noch so gemacht hat. Ich denke, Spaß hatte er mit "Meerjungfraumann" auf jeden Fall. Ein Mann, der von 1972 bis 2002 jedes Jahr bei einer Zirkus-Parade als Clown mitmarschierte, muss einfach im Herzen ein lustiger Mensch sein.

In einem Interview hatte Borgnine einmal melancholisch angemerkt, dass die großen und guten Schauspieler wie Spencer Tracy, Edward G. Robinson oder Gary Cooper immer weniger werden. Er war stolz darauf, mit diesen Schauspielern noch arbeiten zu dürfen, aber es machte ihn auch bescheiden: "Es gibt mir das Gefühl, dass ich es immer noch ein bisschen härter hätte probieren sollen." Zumindest in meinen Augen zählt Ernest Borgnine aber zu den besten Schauspielern des 20. Jahrhunderts.


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