Donnerstag, 27. September 2012

Feinheiten der Kommunikation

Okay, um es gleich vorweg zu nehmen: Ich habe nichts gegen Juristen, im Gegenteil. Ich kenne einige, ich arbeite mit einigen zusammen, und das sehr gut, ich habe sogar Juristen unter meinen Freunden. Ich habe das Bild hier nur gewählt, weil ich es total witzig finde, ich außerdem ein Bild für meinen Post brauchte und es sogar ganz gut zum ersten Teil meines Posts passt.

Außerdem habe ich es von einem Juristen bekommen, von daher ist es sozusagen legitimiert.

Ich habe in den letzten Tage einige interessante Dinge in Sachen Kommunikation erlebt. Über zwei würde ich gerne schreiben. Die erste beschäftigt mittlerweile Juristen, aber was die dabei haben gucken lassen, das hat mich zuerst zum Lachen und dann zum Staunen gebracht. Begonnen hat alles mit einer E-Mail. Einer sehr beleidigenden E-Mail

Es gehört zu meinem Beruf, auch mal angegriffen zu werden. Das ist eben so: Wenn man in der Öffentlichkeit steht und dabei unter anderem die Arbeit einer öffentlichen Verwaltung nach außen tragen, vorstellen, erklären und gelegentlich auch mal verteidigen muss, dann wird man auch mal angepöbelt. Was eine Verwaltung tut, gefällt nun mal nicht jedem, und oft genug fallen böse Worte. Als Pressesprecher fange ich die oft ab. Dafür werde ich bezahlt, das gehört zum Beruf. Solche Mails wie die letztens gehören aber nicht dazu.

"Hallo A****loch", stand im Betreff - natürlich ohne die Sternchen. Im weiteren Text standen Nettigkeiten wie "Penner", "Stasispitzel" und so fort, verbunden mit dem Versprechen, man würde mich im Auge behalten. Nun, das kann man als Beleidigung auffassen oder als Verleumdung. Ein Kollege meinte, es wäre eine: Ich wäre schließlich nachweislich kein Penner. Auch ohne diese anerkennenden Worte war ich mir aber sicher, man muss sich nicht alles gefallen lassen.

Als vorbildlicher Angestellter informierte ich meinen Dienstherren von der Sache - war immerhin eine dienstliche Angelegenheit - und als fürsorglicher Dienstherr erstattete dieser in meinem Namen Anzeige. Eine Kopie dieses Schreibens kam auch zu mir - und nun kommen wir wieder zum Thema dieses Posts und zur Einleitung: Der erste Satz ließ mich nämlich zuerst laut auflachen. Nach der Überschrift - Anzeige wegen Beleidigung nach § soundso - stand da nämlich sinngemäß: "In oben genannter Angelegenheit erstatten wir Anzeige in allen in Frage kommenden Delikten."

Oha, dachte ich, da hat es sich ein Jurist aber leicht gemacht. Sozusagen ein juristischer Rundumschlag ohne großen Aufwand. Das erwähnte ich einem Justiziar in unserem Hause gegenüber, und der erklärte es mir dann: Das ist die übliche Phrase in solchen Momenten. Schreibt der Anzeigenerstatter nämlich einen konkreten Paragrafen hin, dann untersucht die Staatsanwaltschaft nur diesen einen Tatbestand. Mit diesem hier verwendeten Satz ist Vater Staat aber wirklich gefordert: Jetzt muss er nämlich wirklich alles untersuchen. Die Chancen steigen, dass dabei dann wirklich was gefunden wird. Was hier bei mir aber nicht der Fall sein wird. Sollte mich wundern, wenn wirklich was Handfestes heraus kommt.

Ich finde das aber ein gutes Beispiel, wie sich die Kommunikation heutzutage vereinfacht hat und trotzdem zu einem Ergebnis kommt. Moderne Techniken helfen dabei. So wie die Aktion, die ich heute erlebte. Da versuchte mich jemand anzurufen, aber ich war gerade nicht im Büro. Also schrieb dieser jemand eine Mail. Und die hatte es in sich.

Es war eine durchaus lange Mail. Mit all den Signaturen und Rechtshinweisen und Adressen und Firmeneintragungen kamen einige Zeiten Text zusammen. Es gab sogar einen Dateianhang: Ein freundlicher Internetserver hatte diesen automatisch an die Mail angehängt, um mich davon zu informieren, dass die Mail virenfrei ist. Irritierend war nur folgendes: Abgesehen davon und den automatisch generierten Zeilen - es waren wirklich viele Zeilen - stand in dieser Mail nichts.

Wirklich nichts.

Keine Anrede, kein Anliegen, kein "MfG", kein "Penner" oder "Sehr geehrter...". Gar nichts.

Das brachte mich ins Grübeln. Ich überlegte, was das jetzt soll. Im Betreff stand zwar "Bitte um Rückruf". Aber wen? Unter welcher Nummer? Okay, da standen zwar unter den vielen automatisch generierten Zeiten auch ein Name und eine Telefonnummer. Aber war er das? Sollte ich wirklich zurückrufen? Unter dieser Nummer? Meinte der Betreff das wirklich? Und wenn ja, warum schrieb er das nicht einfach in den Text? "Hallo, bitte rufen Sie mich zurück!" War das zuviel verlangt?

Nun, es war so. Wir telefonierten eine dreiviertel Stunde, es war ein wirklich nettes Gespräch, von der Sorte, wie ich sie gerne habe. Und als es vorbei war, dachte ich noch mal an seine Mail. Letztendlich hatte sie genau das erreicht, was sie sollte: Wir hatten telefoniert. Mit nur einer Betreffzeile und einigen Absenderzeilen, die das System von selbst schuf. Nix Überflüssiges, kein Psycho-Blabla. Und dann ich musste an die eine, auf den ersten Blick lustige Zeile meiner Anzeige denken.

Erstaunlich, wie schnell, prägnant und zielführend Kommunikation sein kann, wenn beide Seiten einig sind, auf alles Überflüssige zu verzichten und nur das mitzuteilen, was man wirklich will...

3 Kommentare:

Björn hat gesagt…

Ja, da haben Sie zwei sehr treffend Beispiele gefunden.
Ich kann Ihren Beitrag genauso "unterschreiben".

Kenne durchaus beide Fälle aus eigener Erfahrung :-)

RoM hat gesagt…

Ja, der nette Wutbürger von nebenan. Ihm gefällt etwas unpassend zu empfinden und flux wird eine Breitseite Unflat in die Tastatur gehämmert. Pech aber auch, daß sich Mail-Adressen konkretisieren laßen. Freude auf Arbeit für den Absolventen juristischer Studien.
Leben hat mit Konsequenzen zu tun...

Netter Vertipper Deinerseir, wenn Du statt "Zeilen" von "Zeiten Text" schreibst. Stimmt dann wiederum auch, denn die Menge verbraucht ihre Lesezeit. :-)

Unknown hat gesagt…

erst mal glückwunsch zu der aussagekräftigen satire-skizze :) die hat mich nämlich veranlasst weiterzulesen- bin ich oberflächlich? nein - ich fand die nur sehr lustig :D

diese mails, ohne betreff usw haben eigentlich keine überlebenschance auf meinem mail-server...weil ungelesen gelöscht. wer es nicht mal fertig bringt in kurzen worten einen betreff zu formulieren... nene...

wir befindenuns eh in einem kommunikations-schwarzen-loch. an manchen tagen sitz ich nur mit hochgezogenen augenbrauen vor dem postfach...

aber kurzum: dein post war wieder klasse :)