Sonntag, 11. August 2013

Klar formuliert

Mein früherer Chefredakteur achtete immer sehr auf klare, deutliche und direkte Sprache. Wenn er unsere Texte korrigierte und redigierte, dann machte er uns auch immer auf stilistische Ungenauigkeiten, falsch benutzte Redewendungen oder schwammige Aussagen aufmerksam. Es gibt viele Dinge, die ich mir von ihm angeeignet habe. Andere Fehler wiederum hat er mir trotz vieler Mühen nie austreiben können. So zum Beispiel die, dass ich gerne ins Schwafeln komme und viel zu viel schreibe oder sage.

Eine andere ist die Unart, nicht auf den Punkt zu kommen und sehr zurückhaltend und passiv zu antworten. Das geht nicht nur mir so, sondern vielen anderen Menschen auch. Was ich meine? Die Tendenz, Sätze mit der Phrase "Ich würde..." einzuleiten. "Ich würde vorschlagen, dass..." oder "Ich würde denken, dass..." und so weiter.

Warum dieses vorsichtige Fabulieren? Warum so zurückhaltend-passiv reden? Vermutlich liegt es daran, dass man immer dann Sätze so einleitet, wenn man mit dem Gegenüber nicht einverstanden ist. Man will dann sicherlich vorsichtig agieren. Ein Grund ist sicherlich, dem Anderen nicht weh zu tun. Es kann aber auch daran liegen, dass man sich selbst nicht angreifbar machen will, wenn man Widerspruch ausdrückt. Ich habe dieses Verhalten schon oft beobachtet, wenn ein Untergebener einem Vorgesetzten gegenüber eine andere Meinung kund tun will. Da liegt immer auch Widerspruch im Raum - und wer widerspricht schon gerne einem Vorgesetzten, oder?

Dennoch ist die Phrase in sich blöd. "Ich würde meinen, dass..." - das ist doch Unsinn, oder? Meint man nun was, oder würde man gerne etwas meinen? Im Grunde heißt es doch, dass es einem eher egal ist, wenn man so formuliert. Genau das will man doch aber nicht. Man hat eine Meinung, und die will man kund tun. Das sollte man dann jedoch aber auch klar und deutlich tun, oder nicht? Ich bemühe mich jedenfalls immer - auch eingedenk der Lehren meines Chefredakteurs - auch so klar und deutlich zu reden und zu schreiben und deutlich auszusprechen, wie ich es wirklich meine.

Heute morgen habe ich auf eine E-Mail geantwortet. Ein Freund hatte mir einen Vorschlag gemacht, den ich nicht besonders gut fand, hatte aber eine andere Idee. Ich schrieb also hin: "Ich würde es besser finden, wenn du...". Dann fiel mir meine Schwafelei auf, und ich löschte alles wieder. Beim nächsten Versuch hieß es dann: "Ich finde es besser, wenn du..." So schickte ich es ab. Er weiß, was ich meine, und er wird es mir nicht übelnehmen.

Aber alte Gewohnheiten lassen sich eben nicht so einfach abstellen

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