Dienstag, 26. August 2014

Auf dem heißen Stuhl

Einer der in meinen Augen unangenehmsten Berufe ist der des Zahnarztes. Menschlich mögen Zahnärzte noch so nett und umgänglich sein, aber ihre Profession ist geeignet, dass man ihnen aus dem Weg geht. Mir zumindest geht es so. Ich mag Zahnärzte von vornherein einfach nicht (nur ihres Berufs wegen), weil ich zwar anerkenne, dass sie heilen und Schmerzen lindern, vor letzterem aber erst einmal sehr unangenehme Schmerzen zufügen und dazu Instrumente benutzen, die mich an die Ausstattung eines Horror-Kabinetts erinnern. Demzufolge versuche ich, Besuche beim Zahnarzt nur auf die nötigen Vorsorgeuntersuchungen zu beschränken. Und gestern war es wieder so weit.

Ich sage nun nicht, dass ich dann immer schweißgebadet und zitternd vor Angst auf dem Behandlungsstuhl liege. Aber ich fühle mich einfach extrem unwohl, mit einem unangenehmen Gefühl des Ausgeliefertseins. Dabei brauche ich mir normalerweise keine Sorgen machen: Die letzten Male wurde nie etwas entdeckt, und die Plomben, die ich mir seinerzeit vor meinem Armeedienst – und das liegt jetzt deutlich mehr als 20 Jahre zurück – erneuern ließ, weil ich die NVA-Zahnfleischer nicht in meinem Mund rumwerkeln lassen wollte, halten entgegen aller Voraussagen bis heute nahezu perfekt. Ich habe bis auf einen sogar noch alle meine Weisheitszähne, und meine Zahnärztin hat bis jetzt keinen Grund gesehen, daran etwas zu ändern.

Genau dort liegt aber der Hase im Pfeffer. Einer ist dann doch vor Jahren mal gezogen worden; er war schlicht und simpel gesagt nicht mehr zu retten. Jedenfalls oben, auf der Kaufläche. Die Wurzel war dagegen in einem perfekten Zustand, und auch wenn sie sich nicht unter die Nachbarzähne geschoben hatte, steckte sie mit gut zweieinhalb Zentimetern Länge bombensicher im Kiefer. Die Aktion endete damit, dass die Zahnärztin zwei Mal beginnen musste (beim ersten Mal brach ich es selbst ab, weil es einfach zu weh tat), sie dann den Zahn buchstäblich aus dem Kiefer heraus hebelte, mir diesen dabei fast ausrenkte und sich ungelogen mit den Knien auf mir abstützen musste, um Halt zu haben. Dass ich bei dieser Brachial-Extraktion trotz dreier (!) Betäubungsspritzen – eine vorm Break, zwei danach – Schmerzen erlitt, die mir die Tränen in die Augen trieben, muss ich wohl nicht extra erwähnen…

So kommt es, dass ich trotz des guten gegenwärtigen Zustandes meiner Kauleiste ungern zum Zahnarzt gehe. Zu tief sitzt die Erinnerung an jene Qual (schon mal den Film „Marathon-Mann“ gesehen? So fühle ich mich dann). Dummerweise wird in dieser Praxis alles dafür getan, dass ich mich eigentlich wohl fühlen kann. Das Personal ist wirklich ausgesucht nett, eine Kollegin ist eine Freundin aus dem Karnevalsclub, und die Ärztin selbst hat mich vom ersten Augenblick an ganz freundschaftlich geduzt. Es fällt mir da manchmal schwer, meine Antipathie aufrecht zu erhalten.

Im Übrigen wurde auch gestern nichts gefunden, und ich konnte nach zwanzig Minuten ungequält die Praxis verlassen. Ich geh trotzdem nicht gerne hin…

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