Montag, 20. April 2015

Mein Leben als Hund

Als ich gestern die Eröffnungsfeier an einem der fünf aktuellen BUGA-Standorte mitmachte, wurde ich auf einmal an ein Erlebnis erinnert, das ich vor mehr als 20 Jahren hatte. Es geschah, als ich das Maskottchen der BUGA heranmarschieren sah, einen hübschen blauen Fisch namens "Wilma Wels". Derartige Maskottchen gehören zu solchen Veranstaltungen einfach dazu, und die wenigsten haben mit dem armen Kerl - oder der armen Frau - darunter Mitleid. Ich schon: Seinerzeit war ich auch einmal Maskottchen.

Es war 1991, ich studierte in Magdeburg, und als Student verdiente ich mir immer gern ein paar Märker dazu. Überraschend bot sich mir die Möglichkeit, das bei C&A zu tun: Die Kaufhaus-Kette eröffnete in Magdeburg eine neue Filiale, und zu den Eröffnungsfeierlichkeiten suchte die Marketing-Abteilung ein paar Freiwillige, die als "Schnupperhund" verkleidet vor dem Eingang herumhampelten, Geschenke an die Kinder verteilten und Faxen machten. Ich war einer davon.

Erinnert sich noch einer an den Schnupperhund? Ein gelber Hund mit roten Punkten, der immer auf der Suche nach den "Schnupperpreisen" bei C&A war? In ein solches Kostüm steckte man mich oder einen der anderen armen Hunde (oh, ein Wortspiel...). Es war eine Art dicker flauschiger Overall, die Füße steckten in überdimensionierten Überstiefeln. Gehen war schwierig, eher eine Art Watscheln, wobei die Füße trotz Schuhe in den Überstiefeln rutschten. Die Arme steckten in Fäustlingen, mit denen man kaum die Süßigkeiten oder Gimmicks greifen konnte, die im Bauchbeutel untergebracht war. Das Schlimmste aber war der Kopf.

Aus Pappmaché oder etwas anderem ähnlich Hartem und Schweren gebastelt, thronte dieser Kopf über meinem. Die hochaufgerichteten Ohren standen bestimmt noch einmal einen Meter über mir. Das winzige Guckloch, durch das ich ausschnittsweise sah, befand sich in der "Kehle" des Hundes, die gigantische Nase ragte davor wie ein Schiffsbug vor mir aus. An dem Teil war eine Art Geschirr wie bei einem Rucksack befestigt, und so sollte man es auch tragen. Von außen mag der grinsende Hund freundlich und nett ausgesehen haben - im Inneren ging es mir anders.

Es war brütend heiß (professionelle Maskottchendarsteller haben Ventilatoren im Kostüm - für Studenten gab's das nicht). Das Gehen war anstrengend, oft stolperten wir. Man sah kaum etwas, und ohne Helfer, der uns dirigierte, wären wir kaum da angekommen, wo wir hin sollten. Sowohl mit der Schnauze wie auch mit den Ohren stießen wir immer irgendwo an; als ich mich einmal zu einem Jungen hin bückte, rammte ich ihm beinahe die Nase auf den Schädel. Und apropos Nase: Dieser nach vorn ragende Zinken gab dem ganzen Kopf, der ohnehin schon ziemlich schwer war, Übergewicht nach vorn, und nach einer halben Stunde Schicht wurde das Tragegeschirr zu einer echten Qual.

Ich weiß nicht mehr, wo oft ich an diesem Tag Schicht hatte und wie viel Geld ich dafür bekam. Ich weiß aber noch, dass ich danach heftigen Muskelkater in den Schultern hatte, weil ich diese immer zurückziehen musste, damit der Kopf nicht zu weit abkippte, und Blasen an den Füßen, weil ich den ganzen Tag entweder im Kostüm oder als Begleiter eines anderen "Schnupperhundes" unterwegs war. Vor den Leuten, die in solchen Maskottchen-Kostümen stecken, habe ich seitdem einen großen Respekt.

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